Preiserhöhungen bei den Wiener Linien
Kritik und Gegenvorschläge der Sektion Acht
Ab 2026 soll es zu erheblichen Preiserhöhungen bei den Wiener Linien kommen. Schon mit der dafür vorgebrachten Argumentation können wir wenig anfangen: Im Sinne der „Qualitätssicherung“ sei es wirtschaftlich notwendig, Öffi-Tickets deutlich zu verteuern. Wir verstehen natürlich, dass in der derzeitigen budgetären Situation gewisse Maßnahmen notwendig sind. Immerhin wurde auf Bundesebene von ÖVP (und Grünen) ein massives Budgetloch hinterlassen. Daher wollen wir uns auch nicht in deren unehrliche Kritik einreihen, sondern eine andere, sozialdemokratische Perspektive einbringen.
Nie stand beim 365-Euro-Ticket die Profitabilität im Vordergrund. Vielmehr wurde das Ticket jahrelang als preislich stabiles, ökosoziales Vorzeigeprojekt einer modernen Metropole beworben – mit hoher Signalwirkung. Gerade eine sozialdemokratisch geführte Stadtregierung muss sich dessen bewusst sein, dass die Sicherung wichtiger öffentlicher Leistungen nicht an Wirtschaftlichkeit zu knüpfen ist. Es würde ja auch niemand auf die Idee kommen, plötzlich für das gratis Mittagessen an Wiener Volksschulen Geld zu verlangen. Die nun geplanten Preiserhöhungen - ab 2027 sogar jährlich - stellen eine völlige Abkehr von diesem Prinzip dar. Dass die Preisgestaltung im öffentlichen Verkehr bei weitem nicht nur eine wirtschaftliche, sondern vor allem eine politische Entscheidung ist, wird negiert.
Schon die reguläre Erhöhung des Jahreskarten-Preises auf 467 Euro ist enorm und trifft besonders Personen, die ohnehin unter der fortschreitenden Teuerung leiden. Noch mehr müssen künftig Personen zahlen, die sich eine einmalige Abbuchung nicht leisten können und ihre Jahreskarte daher in monatlichen Raten bezahlen (hochgerechnet 506,40 Euro). Studierende mussten bisher für ein ganzes Jahr 210 Euro zahlen, nun sollen es 300 Euro und damit knapp 43% mehr sein. All diese Menschen müssen sich auf die Sozialdemokratie verlassen können.
Aber nicht nur die sozial-, auch die umweltpolitische Wirkung ist kontraproduktiv. Wien möchte “Klimamusterstadt” sein und bis 2040 klimaneutral werden. In einer budgetär prekären Situation könnten etwa deutlich höhere Parkgebühren ihren Teil zur Erreichung der selbst gesetzten Ziele beitragen. Stattdessen liegt der Fokus der Erhöhungen bei den klimafreundlichen Öffis: Ein Jahr Parkpickerl kostet künftig 36 Euro mehr, ein Jahr Öffis über 100 Euro. Auch ohne grüne Regierungsbeteiligung muss der Anspruch bestehen, konsequente Klimapolitik zu betreiben. Die junge Generation und all jene, die mit ihr an einer nachhaltigen Stadt interessiert sind, fühlen sich davon zurecht vor den Kopf gestoßen.
Als Sektion Acht sind wir davon überzeugt, dass die budgetäre Notlage über andere Maßnahmen gelindert werden muss: Schon seit Jahren setzen wir uns etwa für eine Wohnbausteuer auf Höchstmieten nach Vorbild Hugo Breitners ein, um den sozialen Wohnraum in Wien weiter finanzieren zu können. Für eine soziale CO2-Bepreisung als sozialdemokratische Klimaschutzmaßnahme. Für Vermögens- und Erbschaftssteuern, um der eklatanten Umverteilung von unten nach oben etwas entgegenzusetzen. In letzter Zeit hat die SPÖ die Notwendigkeit solcher Steuern durchaus erkannt, vor dem Hintergrund des Budgetlochs bleibt zu hoffen, dass auch ÖVP und NEOS ihre ideologischen Scheuklappen ablegen.
Und auch für eine moderne Verkehrspolitik und ihre Finanzierung haben wir einen Vorschlag, den wir schon bei unserer letzten Sektions-Jahreskonferenz beschlossen haben und bis zum SPÖ-Landesparteitag bringen wollen:
Künftig soll es das Parkpickerl in Wien nur noch in Verbindung mit einer Öffi-Jahreskarte geben: Die Parkpickerl-Gebühr wird um jährlich 365 Euro angehoben, dafür ist eine Jahreskarte inkludiert. Für Autofahrer:innen lohnt es sich somit öfter, die Öffis zu nutzen (Stichwort Modal Split). Diejenigen, die dennoch ausschließlich mit dem Auto unterwegs sind, zahlen dafür einen deutlich angemesseneren Preis als bisher. Außerdem erhalten die Wiener Linien zusätzliche Geldmittel in großem Ausmaß und können so, wie gefordert, ihre Qualität sichern und die öffentliche Verkehrsinfrastruktur ausbauen. Möglich wird dadurch auch, die reguläre Jahreskarte weiterhin für 365 Euro zur Verfügung zu stellen und die ermäßigte bei 200 Euro anzusetzen.
Noch hat die Wiener Stadtregierung die Möglichkeit, umzudenken und eine ganzheitliche Diskussion über einnahmenseitige Budgetmaßnahmen und zeitgemäße Preisgestaltungen im öffentlichen Verkehr zu eröffnen. Mit unserem Vorschlag bringen wir uns gerne ein.