Postition der Sektion 8 zum aktuellen Glückspielentwurf

Aus der Regierungsarbeitsgruppe der rot-grünen Wiener Stadtregierung zum kleinen Glücksspiel sind Details an die Öffentlichkeit gesickert. Nachdem sich die Sektion 8 parteiintern über den Stand der Dinge informiert hat, können wir folgende Stellungnahme abgeben.

In den Papieren der Regierungsarbeitsgruppe der rot-grünen Stadtregierung sind einige wesentliche Verbesserungen bezüglich der Ordnung des Glücksspiels in Wien zu finden. Der wichtigste Fortschritt besteht darin, dass die über die Stadt verstreuten Einzelaufstellungen und die Dunkelkammerl mit mehreren Eingängen allesamt geschlossen werden müssen und das kleine Glücksspiel auf Salons zu genau 50 Stück beschränkt wird. Beim erstmaligen Besuch eines Salons gibt es eine Registrierungspflicht, bei jedem weiteren Eintritt muss der Ausweis vorgezeigt werden. Punkto Jugendschutz sind das erhebliche Verbesserungen. Auch die Handhabe bei Verstößen durch den Betreiber wird verschärft, bei der dritten Verfehlung verliert der Betreiber die Konzession, außerdem werden künftig beschlagnahmte Automaten nicht mehr an den Eigentümer ausgehändigt. Dass jene rund 2.000 Automaten die über der gesetzlichen Höchstgrenze von 600 Stück pro Bewohner/in oder insgesamt rund 2.800 Stück in Wien liegen, nun verschwinden sollen, halten wir für keinen Fortschritt, sondern für eine Selbstverständlichkeit.

Schwächen des Entwurfs sind die Auslagerung wesentlicher Begleitmaßnahmen an die BetreiberInnen, wie etwa der Umgang mit den Spielsüchtigen, die Auszahlungssicherheit kleiner Beträge, die Kriminalitätsvorbeugung sowie die Liquidierung der über der Höchstgrenze von rund 2.800 gelegenen genehmigten Automaten. Die drei BewilligungswerberInnen die in diesen Fragen die besten Konzepte anbieten, erhalten die Konzession. Weiters liegt der Höchsteinsatz in Salons mit 10 Euro deutlich über jenen der Einzelaufstellungen, wo der Höchsteinsatz einen Euro beträgt. Hinzu kommt, dass eine Regelung des Höchsteinsatzes ohne gleichzeitige Regulierung von Spieldauern wirkungslos bleibt. Der Höchsteinsatz müsste also pro Stunde festgelegt werden.

Der aktuelle Entwurf ist ein deutlicher Fortschritt zum Status quo und stünden nur der neue Entwurf und die aktuelle gesetzliche Regelung zur Wahl, müsste man sich klarerweise für ersteren entscheiden. Doch der Schwachpunkt des aktuellen Vorschlags ist, dass er weit unter seinen Möglichkeiten bleibt. In einer schwarz-roten Koalition auf Bundesebene sind Kompromisse mit dem weltanschaulich sehr unterschiedlichen Partner objektiv unvermeidbar. In einer rot-grünen Koalition in Wien geht es aber nicht um Kompromisse, in einer solchen Konstellation kann das umgesetzt werden, wovon man überzeugt ist, dass es das Richtige ist. Die überwältigende Mehrheit der Delegierten der SPÖ Wien war der Überzeugung, dass ein Verbot des kleinen Glücksspiels die richtige Antwort auf die aktuelle Situation ist. Wieso setzt die rot-grüne Stadtregierung nicht einmal ein Zeichen des klaren politischen Gestaltungswillen und verbietet das kleine Glücksspiel ohne Wenn und Aber?

Mit einem Verbot wäre das Problem der bundesgesetzlich geregelten Video Lotterie Terminals (VLT’s) – einem Zwilling der herkömmlichen Automaten – auch nicht gelöst, wird oftmals argumentiert. Tatsächlich läuft derzeit ein Bewerbungsverfahren um die Konzession von bis zu 5.000 VLT’s in Österreich, 700 Stück sind bundesweit bereits in Betrieb. Es ist zweifellos richtig, dass ein Glücksspielverbot in Wien die bundesgesetzlich geregelten VLT’s nicht betreffen würde. Entscheidend ist jedoch, dass die VLT’s die herkömmlichen Automaten nicht ersetzen, sondern ergänzen würden. Wien kann aber seinen Beitrag leisten und durch das Verbot der herkömmlichen Automaten die bevorstehende Automatenflut eindämmen. Außerdem kann die Wiener SPÖ, bekanntlich kein Leichtgewicht in der Österreichischen Sozialdemokratie, eine bundesgesetzliche Regelung urgieren, die das kleine Glücksspiel in ganz Österreich vollständig verbietet. Leider fehlt dazu wohl der politische Wille. Die Sektion 8 wird versuchen in Absprache mit unserer (antragsberechtigten) Bezirksorganisation Alsergrund und anderen interessierten Bezirken und Teilorganisationen am nächsten Bundesparteitag eine wasserdichte bundesweite Verbotsoption als Position der Österreichischen Sozialdemokratie zu erwirken.

Die Sektion 8 appelliert an die Regierungsarbeitsgruppe der rot-grünen Stadtregierung in ihrer letzten Sitzung Anfang September folgende drei Schritte zu setzen:

  1. Ein vollständiges Verbot jener Automaten zu erwirken, für die Wien zuständig ist.
  2. Eine bundesgesetzliche Initiative vorzubereiten, die das kleine Glücksspiel in ganz Österreich gesetzlich untersagt
  3. Die Kompetenzen für die Exekution dieses Verbots klipp und klar zu klären und die zuständige Behörde mit allen rechtlichen und personellen Mittel auszustatten, die für eine Exekution des Bundesverbots notwendig sind.

Die aktuelle Situation ist ein mustergültiges Exempel für die parteiinternen Demokratiedefizite der SPÖ. Ein klarer Parteitagsbeschluss wird voraussichtlich ignoriert und ein Kompromiss geschlossen, wo keiner notwendig ist. Aus diesem Grund legt die Sektion 8 – die sich selbst als innerparteiliche Demokratiebewegung begreift – ihren Schwerpunkt in den kommenden Monaten auf das Thema Parteidemokratie. Das aktuelle Beispiel zeigt, dass ein halbwegs funktionierender Parlamentarismus nur der halbe Weg zu einem demokratischen Gemeinwesen ist. Ohne parteiinterne Demokratie stehen immer nur Ideen und Personen zur Wahl, die von kleinen Grüppchen bestimmt wurden. Die Menschen haben dann nur die Wahl von bereits im Vorfeld gefilterten Programmen und Personen. Darum ist parteiinterne Demokratie die halbe Demokratie.